Im Mai und Juni 1968 wurde die Heilig-Kreuz-Kirche durch mehrere Sprengungen zerstört. Museumsmitarbeiter bargen aus dem Schutt sammelwürdige Überreste wie diese Signalpatronen. Sie dienten der Warnung vor der Explosion. Zuvor hatten zahlreiche Bürgerinnen und Bürger jahrelang vergeblich versucht, den Abriss zu verhindern.
Nachdem die ehemalige Garnisonkirche im Mai und Juni 1968 in mehreren Sprengungen zerstört wurde, bargen Mitarbeiter des Potsdam Museums aus den Schuttbergen sammelwürdige Überreste. Darunter befanden sich diese leeren Signalpatronen. Sie wurden unmittelbar vor der Zündung des Dynamits zur Warnung abgefeuert. In den Jahren vor der Sprengung hatten nicht nur die Kirchenvertreter in zahlreichen Gesprächen und Eingaben vergeblich versucht, die Sprengung des barocken Turmes doch noch zu verhindern.
Dr. Manfred Stolpe zog 1959 nach Potsdam. Seine erste Begegnung mit dem Turmstumpf der Heilig-Kreuz-Kirche ist ihm noch in Erinnerung. Als Kirchenjurist war er von Seiten der Kirchenleitung in Berlin maßgeblich in die Gespräche mit den staatlichen Stellen über die Zukunft der ehemaligen Garnisonkirche involviert. Er erinnert sich zudem an die politische Gesamtsituation Mitte der 1960er Jahre, die die Sprengung der Kirche erst ermöglicht hat.
Die wochenlangen Bemühungen der Kirchenvertreter um eine klärende Beratung hinsichtlich der Sperrung der Kirche mit den verantwortlichen staatlichen Stellen im Herbst 1966 blieben erfolglos. Auch Oberbürgermeisterin Hanke war trotz wiederholter Bitte zu keiner Stellungnahme bereit. Erst im Juni 1967 bestätigte sie in einem Gespräch mit dem Pfarrkonvent, dass im aktuellen Perspektivplan der Stadt Potsdam die ehemalige Garnisonkirche nicht mehr vorkäme. Wider besseres Wissen ergänzte sie, dass staatlicherseits ein Abriss nicht vorgesehen sei.
Dieser der Öffentlichkeit damals nicht bekannte Bebauungsplan und das dazugehörige Stadtmodell von 1966 zeigen unmissverständlich, dass auf dem Standort der Heilig-Kreuz-Kirche bereits fest mit dem Bau des neuen Rechenzentrums geplant wurde.
Der Zeitungsartikel berichtet über den Potsdam-Besuch des Vorsitzenden des Staatsrats der DDR, Walter Ulbricht. Die Öffentlichkeit erfuhr aber nichts davon, dass Ulbricht während der dreistündigen Debatte über die städtebauliche Gestaltung die ehemalige Garnisonkirche betreffend fragte, was denn diese Ruine dort noch zu suchen habe. Daraufhin antwortete der Stadtarchitekt Berg, die Kirche sei eine unverzichtbare Höhendominante im Stadtbild Potsdams. Ulbricht erwiderte daraufhin, dass er sich wohl eine neue Dominante würde suchen müssen.
Damit war von höchster Stelle das Ziel vorgegeben, auf welches die in den Jahren zuvor gestellten Weichen bereits hingedeutet hatten: Die antipreußische und kirchenfeindliche Haltung der DDR-Regierung verband sich mit dem Wunsch, in Potsdam einen sozialistisch geprägten Stadtkern entstehen zu lassen.
Trotz aller Bemühungen um Sicherung und Erhalt der städtebaulich und künstlerisch einmaligen Heilig-Kreuz-Kirche gab es nahezu keine Vorschläge für eine perspektivische Nutzung des einstmals über 3.000 Menschen fassenden Gotteshauses. Eine der wenigen Ideen war die seit Mitte der 1960er Jahre kursierende Vision einer Konzertkirche. Mit konkreten Planungen für eine Foyerhalle im Untergeschoss und einer modernen, mit über 1.200 Plätzen versehenen Konzerthalle im Obergeschoss sollte dem Gerede eines Abrisses der Kirche eine konkrete Nutzungskonzeption entgegen gestellt werden. Der Musik als verbindendes Element sollte Raum gegeben werden für grenzüberschreitende Versöhnungsprojekte zwischen den Völkern.
Bei seinem Antrittsbesuch bei Oberbürgermeisterin Brunhilde Hanke eröffnete sie dem neuen Superintendent Rolf Stubbe, dass vonseiten der Stadt der Abriss der ehemaligen Garnisonkirche vorgesehen sei. In diesem Gespräch wurde für die Kirchenleitung erstmals Gewissheit, was sie in den letzten Monaten geahnt und befürchtet hatte. Der Abriss der Kirche war jetzt nicht mehr aufzuhalten, auch wenn Superintendent Stubbe direkt im Anschluss die wesentlichen Kirchenvertreter in Alarmbereitschaft versetzte.
Unmittelbar nachdem die evangelische Kirche offiziell über den Abriss der Heilig-Kreuz-Kirche informiert wurde, setzte sie alle Hebel in Bewegung, um die Sprengung doch noch abzuwenden. Das Schreiben von Bischoff Albrecht Schönherr an den Vorsitzenden des Rats des Bezirks Potsdam offenbart das Entgegenkommen der evangelischen Kirche und enthält eher Hinweise denn Forderungen. Dieser Brief und die offizielle Antwort verdeutlichen die Lage der Kirche in der DDR, die sich ihrer Ablehnung und mangelnden Unterstützung durch den Staat und die Partei bewusst war.
Auch die zahlreichen weiteren Eingaben von kirchlicher Seite an staatliche Stellen auf allen Ebenen bis hin zum Staatsratsvorsitzenden Walter Ulbricht verdeutlichen den geringen Handlungsspielraum der evangelischen Kirche innerhalb der SED-Diktatur. Bischof Albrecht Schönherr schilderte in seinem Schreiben an Walter Ulbricht erneut die in seinen Augen ausweglose Lage mit dem Anliegen, sich der Angelegenheit von höchster Stelle aus anzunehmen. Auch diese Eingabe blieb ohne die erhoffte Resonanz.
Vom Rat der Stadt Potsdam beauftragt und ohne Zustimmung der Heilig-Kreuz-Gemeinde demontierten Mitarbeiter der Glockenbaufirma Schilling (Apolda) am 22. April 1968 die beiden Glocken. Die kleinere Glocke steht noch heute im Gemeindesaal der Heilig-Kreuz-Gemeinde in der Kiezstraße, die größere ging an die Nikolaikirche.
Als einer von vier Abgeordneten hat der Potsdamer Archivar Dr. Gebhard Falk am 26. April 1968 in der Stadtverordnetenversammlung gegen die Sprengung der Heilig-Kreuz-Kirche votiert. Erst am Morgen der Sitzung wurde den Stadtverordneten die Beschlussvorlage zum Abriss der ehemaligen Garnisonkirche vorgelegt. Falks Schilderungen der Ereignisse im Frühjahr 1968 sind ein einzigartiges Zeugnis zivilbürgerlicher Verantwortung.
Damit die Sprengung durchgeführt werden konnte, musste das Stadtbauamt über das Grundstück verfügen. Die Heilig-Kreuz-Gemeinde lehnte einen freiwilligen Verkauf ab und wurde daraufhin mit Wirkung zum 3. Mai 1968 enteignet.
Um 22 Uhr abends fand in der Heilig-Kreuz-Kapelle die letzte Andacht statt. Pfarrer Uwe Dittmer ließ einen bewegenden Tonbandmittschnitt anfertigen.
Im Mai begannen die Sprengspezialisten des VEB Autobahnbau-Kombinat Magdeburg mit der Verlegung der Dynamitladungen an das sakrale Bauwerk. Unter den Blicken zahlreicher Zuschauer wurde beginnend am 14. Mai 1968 in mehreren Abschnitten zunächst das Kirchenschiff gesprengt. Die Sprengung des Turmes erfolgte ohne vorherige Ankündigung am 19. Juni, allerdings missglückte der erste Versuch. Die zweite Sprengung folgte am Sonntag, den 23. Juni 1968 morgens um 10.15 Uhr zur Gottesdienstzeit.
Die Sprengung des über 200 Jahre alten Kirchenbaues wurde auf Zelluloid festgehalten. Vier Kameraperspektiven filmten in Zeitlupe die Niederlegung der bedeutendsten Barockkirche Potsdams. Der Lehrfilm über die „technische Meisterleistung“ ist zu einem einmaligen Zeitdokument geworden.
Dr. Hartmut Dorgerloh, seit 2002 Generaldirektor der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, kam als Sechsjähriger 1968 nach Potsdam. Er erinnert sich an die Sprengung der Garnisonkirche aus dem Blickwinkel eines Kindes.
Der Orgelbauer Martin Seidel hielt die Sprengung der Heilig-Kreuz-Kirche sowie den Aufbau des Rechenzentrums mit seiner Super-8-Schmalfilmkamera fest. Er musste den Polizisten die ausschließliche Privatnutzung des Filmmaterials bestätigen. Diese außergewöhnlichen Bilder sind die vielleicht einzigen Privataufnahmen von der Sprengung.
Nach Enteignung der Heilig-Kreuz-Gemeinde führten Entschädigungsverhandlungen zwischen dem Stadtrat für Finanzen und der Kirchgemeinde zur Zahlung einer Entschädigungssumme von fast 600.000 Mark. Das Geld wurde im Wesentlichen für den Umbau des Gemeindehauses in der Kiezstraße 10 genutzt, wo bereits seit 1966 die kirchlichen Veranstaltungen stattgefunden hatten. In den folgenden Jahren und Jahrzehnten entwickelte sich hier eine vielfältige Arbeit, vor allem im Bereich der kirchlichen Friedensbewegung.
Auf dem Gelände der ehemaligen Heilig-Kreuz-Kirche wurde von 1969 bis 1971 das geplante fünfstöckige Datenverarbeitungszentrum errichtet. Der Künstler Fritz Eisel schuf dazu ein achtzehnteiliges Mosaikband mit dem Titel „Der Mensch bezwingt den Kosmos“. Die großflächigen Glasmosaiken ziehen sich über drei Seiten des Rechenzentrums. Sie erzählen von den Errungenschaften der Wissenschaften und bilden eine Hommage an die in den 1960er Jahren beginnende bemannte Raumfahrt.